Rückblick, Befragung, Zahlen und Erkenntnisse
Das Projekt Together-Now ist seit Ende Juni 2020 abgeschlossen. Auf dieser Seite befindet sich ein ausführlicher Bericht über die durchgeführten Befragungen und eine Zusammenfassung der Rückmeldungen. Zudem werden alle Zahlen wie Anzahl gestellte Anräge, ausbezahlte Summen und eine Beschreibung, wer alles Geld erhalten hat transparent und offen kommuniziert. Zum Schluss werden antworten zu den häufig gestellten Fragen aufgelistet.
Überblick in Zahlen
- Ende April wurden 78 Überbrückungseinkommen in der Gesamthöhe von CHF 160'009 ausbezahlt
- Ende Mai wurden 24 Überbrückungseinkommen in der Gesamthöhe von CHF 47'600 ausbezahlt
- Mitte Juni wurden 32 Überbrückungseinkommen in der Gesamthöhe von CHF 60'955 ausbezahlt.
Total ergibt das CHF 268'564 Soforthilfe für 134 Haushalte.
Warum die Abweichung zum total gesammelten Crowdfundingbetrag von CHF 281'644?
- Transaktionsgebühr von 5% für Bankgebühren.
Wie viele Anträge wurden gestellt?
375 Anträge sind bei uns eingegangen. Davon wiesen 36.6% Hohe und 42.4% eine gemässigte Dringlichkeit auf. 20.9% sind während dem Ausfüllprozess auf besser passende Unterstützungsmöglichkeiten von Bund, Kantone und anderen Hilfsorganisationen hingewiesen worden oder haben ihren Antrag selber frühzeitig beendet. (siehe nachfolgende Grafik)
Was sagen die Teilnehmenden abschliessend zu «Together Now»?
Weckt Hoffnung dort, wo andere Systeme nicht griffen.
Wir haben alle Teilnehmenden von Together Now nach ihrer Meinung gefragt. Viele deuten das Projekt rückblickend als ein starkes unkompliziertes Zeichen der Solidarität. Auch wenn die Rückmeldungen zu grossen Teilen positiv war, zeigt sich deutlich: Together Now hat Sicherheit vermittelt bei Menschen, die bei den behördlichen Unterstütztungssystemen vergessen gingen. Diese Hoffnungen konnte eine private Initiative nicht vollständig erfüllen, da die Anzahl der Vergessenen schlicht zu gross war. Die Teilnehmenden schreiben bildhaft:
«eine gute Sache, auch wenn ich hier wieder durch die Maschen falle. Eigentlich ist das nicht die Aufgabe von Privaten sondern vom Staat, der das Ganze zu verantworten hat.» Oder «Lobenswert - nur immer schade, wenn Privatinitiativen für den Staat einspringen müssen.»
Schnellere Zwischenupdates
Die Teilnehmenden wünschen sich zudem eine zeitnahere Interaktion. Unser schlichtes, unbürokratisches Modell stiess auf Zustimmung, die Teilnehmenden hätten sich aber gewünscht öfters ein Update oder eine Zwischenbefragung zu erhalten. Das können wir nachvollziehen und nehmen wir so für künftige Projekte mit.
Vertrauen
Ein Kernthema ist das Vertrauen für viele Teilnehmende. Während die Unterstütztenden ihr Vertrauen nach dem Abschluss bekräftigten, blieben Teile der Nicht-Unterstützten mit offenen Fragen zurück. Sie fragen sich, wie ehrlich die jeweils anderen Antragsstellenden die Formulare ausgefüllt haben und ob das Geld tatsächlich dort landet wo Bedarf besteht. Für viele haben unsere Transparenz und die Auswertung auf der Website hier einen soliden Eindruck hinterlassen. Dieser Frage, wie Vertrauen und Ehrlichkeit weiter aufgebaut werden kann, gilt es nun nachzugehen. Hierzu gilt es die richtigen Fragen präzise zu formulieren. Dies ist uns oft gut gelungen, teilweise waren wir im Nachgang schlauer.
Was hat Together Now für die Unterstützten ermöglicht?
Hier möchten wir uns zurückhalten und direkt drei repräsentative Feedbacks sprechen lassen:
«Ein erstes direktes Hilfspaket gleich zu Begin des Corona Lockdown, wo alles andere noch unklar war und der Bund noch sehr träge. So konnte ich nötigste Rechnungen begleichen und vorallem Geld für Essen Aufwenden. Auch einen ruhigeren Schlaf.»
«Es gab mir Zuversicht und neue Perspektiven für die nächsten Monate.»
«Wir konnten unsere Pferde durch füttern und konnten alle behalten.»
«Ich konnte mit den mir zur Verfügung gestellten Fr. 500.--, zwei wichtige Rechnungen begleichen, Strom und Heizung.»
Was müsste in der Schweiz anders sein, damit es Together Now nicht bräuchte?
Diese Frage wurde von allen Teilnehmenden am ausführlichsten beantwortet. Sie wünschen sich mehr Solidarität und solidere, unkomplizierte Absicherungen - insbesondere für prekarisierte Berufsgruppen. Sie wünschen sich mehr politisches Engagement für starke Sicherheitsnetze. Oft wurde erwähnt, dass Einkommen in der Schweiz fairer verteilt werden sollten. 57% der Unterstützenden haben in diesem Zusammenhang das bedingungslose Grundeinkommen erwähnt.
Eine Spender*In meint beispielhaft:
«Ich bin grundsätzlich dafür, dass es ein größeres Sozialnetz und -System gibt, was Hilfe für Bedürftige angeht. Ich bin deswegen auch für ein Grundeinkommen. Wir sind jetzt in einer Gesellschaft, die so ein System braucht, damit keiner (in einem der reichsten Ländern der Erde) in der Armut leben muss. Die Prekarität soll enden, die Verteilung des Reichtums soll gerechter sein, die Ungleichheiten sollen aufgehoben werden. Es kann nicht weiterhin so gehen, dass die reichsten auf Erde immer reicher werden und die ärmsten immer ärmer.»
Viele Unterstützende schätzen aber auch, dass wir Menschen grundsätzlich viel Zeit für ein Umdenken benötigen werden (16%) oder wieder andere sind grundsätzlich zufrieden mit dem Sozialsystem der Schweiz (11%).
Insgesamt haben uns geantwortet:
- 79 Supporter
- 64 Unterstützte
- 39 Nicht-Unterstützte
Entscheidung Anträge und Auszahlungen
Wie wurde über die Anträge entschieden?
Anhand eines im Antragsformular eingebautem Punktesystems wurden alle eintreffenden Anträge auf ihre Dringlichkeit eingestuft. Dabei wurde die Dringlichkeit (ich brauche jetzt finanzielle Hilfe, in einem Monat oder später) sowie der finanzielle Bedarf berücksichtigt. Alle eingegangenen Anträge wurden demselben System unterzogen und beurteilt.
In einem zweiten Schritt wurden die offenen Textfelder von zwei unabhängigen Teams ausgewertet. Bei dieser Auswertung waren die vorherigen Angaben nicht ersichtlich, um die Beurteilung anonym zu gegenprüfen. Die Ergebnisse dieser Zweitbeurteilung deckten sich mehrheitlich mit der Selbstdeklaration der Antragstellenden. Zwei Antragstellenden wurde manuell eine höhere Dringlichkeitsstufe zugewiesen nachdem sie sich bei uns gemeldet haben.
Wie wurde das Überbrückungseinkommen berechnet?
Das effektiv ausbezahlte Überbrückungseinkommen wurde aus dem Bedarf, minus dem Betrag der jede und jeder selber aufbringen konnte, berechnet. Der Maximalbetrag pro Person beträgt 2'500 CHF. Resultierte ein Bedarf, der grösser als 2500 CHF ist und gibt es Kinder im Haushalt, wurde zusätzlich pro Kind 625 CHF ausbezahlt. In der letzten Tranche wurde die zusätzliche Summe pro Kind auf 80 CHF gesetzt, weil der Restbetrag nicht mehr für 635 CHF pro Kind reichte.
Wie viele Anträge wurden gestellt?
375 Anträge sind bei uns eingegangen. Davon wiesen 36.6% Hohe und 42.4% eine gemässigte Dringlichkeit auf. 20.9% sind während dem Ausfüllprozess auf besser passende Unterstützungsmöglichkeiten von Bund, Kantone und anderen Hilfsorganisationen hingewiesen worden oder haben ihren Antrag selber frühzeitig beendet.
Wie viel Geld wurde bis jetzt ausbezahlt und wann?
- Ende April wurden 78 Überbrückungseinkommen in der Gesamthöhe von CHF 160'009 ausbezahlt
- Ende Mai wurden 24 Überbrückungseinkommen in der Gesamthöhe von CHF 47'600 ausbezahlt
- Mitte Juni wurden 32 Überbrückungseinkommen in der Gesamthöhe von CHF 60'955 ausbezahlt.
Total ergibt das CHF 268'564 Soforthilfe für 134 Haushalte.
Warum die Abweichung zum total gesammelten Crowdfundingbetrag von CHF 281'644?
- Transaktionsgebühr von 5% für Bankgebühren.
Wer hat Überbrückungseinkommen erhalten?
Mehrheitlich Menschen deren finanzielle Situation so gravierend wurde, dass sie nicht auf offizielle Hilfe von Bund und Kantone warten konnten. Viele darunter sind Menschen, die sich erst vor kurzem oder im Laufe des Jahres 2019 Selbständig gemacht haben. Da diese Verfahren teils noch hängig sind, oder sie noch keinen definitiven Abrechnungsentscheid bei der zuständigen Ausgleichskasse vorliegen haben, wurde ihre Situation schnell existenziell bedrohend. Es gibt auch viele Menschen unter den Antragstellenden die mit sehr wenig finanzielle Mittel auskommen müssen/wollen. Ihre Situation hatte sich durch diesen «lockdown» innert Wochen zu prekären Umständen entwickelt. Das sind nicht nur «Arme Leute», sondern auch Menschen, die bewusst ihren Konsum und Bedarf auf tiefem Niveau halten und so automatisch keine grossen finanziellen Reserven anlegen und horten.
Es gibt auch Fälle von Studierenden, die von Angehörigen unterstützt wurden, welche nun diese Unterstützung aufgrund Krise nicht mehr leisten können.
Was uns die Anträge aufzeigen?
Keine Nothilfe für Selbständige die bisher wenig verdient haben?
Anscheinend verfahren die Kantone zumindest teilweise mit einem Einkommens-Threshold beim Anspruch auf Nothilfe für Selbständige. Sprich: Wer z.B. in Zürich das Minimum von 25'000 CHF Jahreseinkomen nicht erreicht hat, hat nun kein Anrecht und kriegt eine Absage. Dies ist bei unseren Antragsstellenden effektiv so eingetreten. Wir empfinden dies als nicht angemessen, da auch gerade Selbständige in prekären Situationen und tiefen Einkommen nun auf Hilfe angewiesen sind.
Personen auf dem Weg in die Selbständigkeit wurden vergessen
Für die Anmeldung als Selbständigerwerbende müssen umfangreiche Kriterien bereits erfüllt sein. So muss zum Zeitpunkt der Anmeldung ein breiter Kundenstamm bereits bestehen, Geschäftsräume bereits gemietet und das Eigenkapital bereits investiert sein. Entsprechend befindet sich eine beachtliche Anzahl Menschen auf dem Weg, diese Kriterien zu erfüllen - was bereits vor März 2020 anspruchsvoll war. Der Bund und die AHV verkennt auf Anfrage die Realität vieler dieser Menschen indem sie davon ausgehen, dass diese Anforderungen im Rahmen eines vorgehenden Anstellungsverhältnis erfüllt werden können - sie verweisen dabei auf das Szenario eines Treuhänders, der bei seinem bisherigen Arbeitgeber seinen persönlichen Kundenstamm und Kapital aufbauen kann. Dass dies für unzählige Selbständige, die mit kleinen einmaligen "Gigs" ihre selbständige Karriere lancieren nicht zutrifft geht vergessen. Diese Betroffenen, welche bereits vor März 2020 sehr schlecht geschützt waren, werden bisher vom Bund ignoriert - Gleiches gilt für die Temporärarbeit.
Selbstständige der Risikogruppe
Am Montag 16.3 hat der Bundesrat bekannt gegeben, das Risikogruppen nicht mehr zur Arbeit erscheinen müssten und, falls Home-Office nicht möglich sei, ihr Lohn dennoch garantiert werde. Dies wurde für Menschen in einem Angestelltenverhältnis vorerst mit Kurzarbeit gelöst. Für selbständig Erwerbende, die Teil der Risikogruppe sind und deshalb ihre Arbeit nicht mehr verrichten können, fehlt es jedoch noch an einer Lösung.
Es wird vom SVA St.Gallen explizit erwähnt, dass ein Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz nicht entsteht, wenn der Erwerbsausfall auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe zurückzuführen ist. Die betroffenen Personen werden auf den Überbrückungskredit hingewiesen, welcher wohl als Auffangbecken für alle noch nicht gelösten Probleme dienen soll.
- Beispiel: Selbständiger ü65 Gärtner
- Beispiel: Künstlerin und MS Patientin
Indirekt betroffene Selbständige
Der Bundesrat hatte angekündigt, per Mittwoch 8.4. die Unterstützung der indirekt betroffenen Selbständigen zu erläutern. Nun wurde diese Frage aber noch nicht geklärt und ein wesentlicher Teil unserer Anträge gehört in diese Kategorie. "Für diese Gruppe fehlt auf nationaler Ebene weiterhin eine Lösung." (Zitat Solzialdepartement Stadt Zürich). Das hier bald Hilfe geboten wird bleibt zu vermuten.
Am 16. April wurde dann informiert in Sache indirekt betroffene Selbständige. Alle Selbständigerwerbende - unabhängig der Brachen - können auf Hilfe zählen. Voraussetzung ist eine selbständige Tätigkeit (bei einer Ausgleichskasse angemeldet) mit einem Jahreseinkommen von 10’000 bis 90’000 CHF. Dieses Hilfspaket ist gut und wichtig, kam aber für viele Antragstellende bereits zu spät, besonders mit Hinblick auf eine Auszahlung per 11. Mai 2020. Dazu kommt, keine klaren Informationen wie viel das dann effektiv in Cash ausmacht. Die Berechnungen sind entsprechend dem gemeldeten Jahresumsatz, maximal aber 196 CHF / Tag. Immerhin wurde die Hilfe rückwirkend ab 16. März (start lockdown) für zwei Monate versprochen.